Die warme Luft, die bei COP30 in den Pressekonferenzen ausgestossen wurde, war vermutlich der einzige physikalisch nachweisbare Effekt dieser Konferenz.
COP30 und die Kunst des globalen Halbversprechens
Die COP30 hatte einen ehrgeizigen Anspruch. Zehn Jahre nach dem Pariser Abkommen sollte sie die Welt auf einen Kurs bringen, der die Erwärmung auf +1,5 Grad begrenzen kann. Stattgefunden hat sie in Belém, mitten im Amazonasgebiet, also an einem Ort, der sinnbildlich für den dramatischen Zustand unseres Planeten steht. Dort, wo der Regenwald kippt, kippt das globale Klima gleich mit. In dieser Umgebung sollten die Staaten der Welt zeigen, dass sie den Ernst der Lage verstanden haben.
Doch die COP30 wurde zu einer Konferenz der Halbversprechen. Die internationale Klimafinanzierung soll massiv steigen, ein Fortschritt, der sich gut anhört und ohne Zweifel notwendig ist. Besonders die ärmsten Länder, die kaum zur Krise beigetragen haben, aber am stärksten unter ihr leiden, brauchen diese Unterstützung. Dass dieser Finanzrahmen wächst, ist richtig und überfällig.
Aber die zentrale Frage blieb unbeantwortet. Die Welt hat erneut keine eindeutige Verpflichtung zum Ausstieg aus fossilen Energien beschlossen. Kein klarer Zeitplan. Keine gemeinsame Richtung. Kein politisch bindendes Signal. Stattdessen ein Text, der viele Interpretationen zulässt und damit für Regierungen attraktiv ist, die lieber warten als handeln.
Genau hier liegt das Problem. Wir haben keine Zeit mehr für diplomatische Texte, die nach Fortschritt klingen, aber kaum Wirkung entfalten. Die wissenschaftlichen Fakten sind eindeutig. Die Emissionen müssen schnell und konsequent sinken. Die planetaren Grenzen sind nicht verhandelbar. Trotzdem verhänden Staaten so, als könnten sie mit der Physik Kompromisse schliessen.
Die Halbzeitbilanz des Pariser Abkommens ist ernüchternd. Die Welt bewegt sich nicht in Richtung Stabilisierung, sondern in Richtung Eskalation. Die Temperaturkurve steigt, Extremereignisse häufen sich, ganze Regionen werden instabil. Und trotzdem liefern die COP Konferenzen immer wieder Ergebnisse, die politisch bequem, aber klimatisch so hilfreich sind wie ein Sonnenschirm im Sturm.
Die warme Luft, die bei COP30 in den Pressekonferenzen ausgestossen wurde, war vermutlich der einzige physikalisch nachweisbare Effekt dieser Konferenz. Sie hat zwar keine Probleme gelöst, aber sie hat die Atmosphäre zuverlässig weiter aufgeheizt, was exakt das Gegenteil dessen ist, was man von einer Weltklimakonferenz erwarten sollte. Wenn man grosszügig sein möchte, kann man sagen, dass hier zumindest ein Moment unfreiwilliger Ehrlichkeit entstanden ist. Man hat uns vorgeführt, dass heisse Luft längst kein rhetorisches Bild mehr ist, sondern ein realer Bestandteil der internationalen Klimapolitik, und leider ein schädlicher. Jede zusätzliche Erwärmung ist ein Fehler, keine Metapher, kein Stilmittel, sondern eine sehr reale Verschlechterung der Lage.
COP30 war ein Symbol dieses Musters. Fortschritt in einzelnen Punkten, aber kein Gesamtrahmen, der dem Problem gerecht wird. Es ist die Kunst des globalen Halbversprechens. Ein Fortschritt, der zu wenig löst, aber genug klingt, um in Pressekonferenzen verteidigt zu werden.
Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Klimapolitik nicht an der moralischen Einsicht scheitert, sondern an der politischen Risikovermeidung. Viele Regierungen sehen die Dringlichkeit, handeln aber nicht in der Geschwindigkeit, die notwendig wäre. Die Kosten des Nichthandelns werden später anfallen, also werden sie später ignoriert.
Die COP30 hätte ein Wendepunkt sein können, sie wurde ein Kompromiss. Ein Schritt nach vorn, aber keiner, der den Abgrund verhindert. Wer Klimapolitik ernst nimmt, sollte das so klar aussprechen, wie es ist.
Der Planet verhandelt nicht. Die Politik aber leider schon.
Ecolo Belgien hat dieses Schauspiel bemerkenswert nüchtern kommentiert. Keine Schönfärbung, kein Versuch, das Ergebnis irgendwie in eine optimistische Erzählung zu retten. Die Partei hat offen ausgesprochen, was andere nur diplomatisch andeuten. Dass die Klimafinanzierung zwar steigt, aber die eigentliche Frage, nämlich der vollständige Ausstieg aus fossilen Energien, erneut umgangen wurde. Dass die Welt zehn Jahre nach Paris immer noch so tut, als könnte man die Physik mit Absichtserklärungen überlisten. Und dass eine Konferenz, die im Herzen des Amazonas stattfand, es nicht geschafft hat, den Kern des Problems auch nur klar zu benennen.
Ecolo sprach von einem Vertrag, der in Teilen Fortschritt ist, aber in der Summe zu schwach bleibt. Man kann diesen Ton arrogant nennen, oder realistisch, oder einfach notwendig. Denn irgendwer muss aussprechen, dass halbe Lösungen in einer vollen Krise nicht reichen. Die Partei hat mit ihrer Kritik im Grunde etwas getan, das inzwischen fast radikal wirkt. Sie hat die Klimapolitik beim Wort genommen.