Vom Höhenflug zum Absturz, Warum Sibylle Keupen in Aachen scheiterte
2020 fegte Sibylle Keupen den CDU Kandidaten Harald Baal vom Brett, 67 Prozent, ein politischer Erdrutsch. Aachen wollte Aufbruch, frischen Wind, eine Oberbürgermeisterin, die jenseits der alten Lager neue Wege versprach. Fünf Jahre später bleibt davon nur Ernüchterung. Keupen verliert die Stichwahl krachend gegen Michael Ziemons, mehr als 10000 Stimmen Rückstand, ein tiefer Fall nach einem steilen Aufstieg.
Politik gegen den Wähler, das rächt sich
Die Wahrheit ist simpel, wer Politik gegen den Wähler durchzieht, wird abgestraft. In Aachen Mitte, ihrer einstigen Hochburg, sackte Keupen von triumphalen 72 auf magere 54 Prozent ab. Das ist kein Ausrutscher, das ist der Beweis eines tiefen Vertrauensbruchs. Aus dem Jubelruf „Keupen kann’s“ wurde das Spottetikett „Kompetenzlose Keupen“. Wer jahrelang die Bürger ignoriert, muss sich nicht wundern, wenn sie sich am Wahlabend rächen. Und wer dann noch einen draufsetzt, indem er wie in der Kiosk Affäre schamlos versucht, die Aachener zu täuschen, hat endgültig verloren.
Wahlkampf unter der Gürtellinie
Und als ob das nicht reicht, versank auch der Wahlkampf im Morast. Die sogenannte Gyros Affäre, bei der Michael Ziemons wegen zehn Zentimetern über der Parkplatzlinie an den Pranger gestellt wurde, gekaufte Influencer mit fragwürdigen Filmchen, Hochglanzclips statt Inhalte, billige Effekte statt ehrlicher Politik. Es war der plumpe Versuch, Stimmung zu kaufen. Doch Aachen ließ sich nicht blenden. Was blieb, war der Eindruck einer Politikshow ohne Substanz. Wer so auftritt, verliert nicht nur Stimmen, sondern auch den letzten Rest Glaubwürdigkeit.
Der Denkzettel
Die Aachenerinnen und Aachener haben klar gesprochen, sie wollten einen Wechsel. Nicht, weil Michael Ziemons die große Lichtgestalt wäre oder plötzlich ein Programm präsentiert hätte, das alle Probleme der Stadt auf einen Schlag löst. Nein, der Sieg war vor allem die Folge davon, dass Sibylle Keupen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger verspielt hat.
Das Votum ist ein Denkzettel, hart und eindeutig. Wer fünf Jahre lang regiert, ohne die Stimmung auf der Straße ernst zu nehmen, wer Politik an den Menschen vorbei macht und stattdessen den eigenen Kurs durchzieht, darf sich nicht wundern, wenn er am Ende von denselben Menschen abgewählt wird.
Macht in der Kommunalpolitik ist nichts Endgültiges, sie ist geliehen. Und diese Leihgabe ist an eine Bedingung geknüpft: Nähe, Glaubwürdigkeit und das Gefühl, dass im Rathaus nicht gegen die Bürger, sondern mit ihnen gearbeitet wird. Wer diese Bedingung missachtet, erlebt, dass Macht nicht mehr ist als ein auf Zeit gewährtes Mandat, zurückzahlbar an der Urne, mitunter gnadenlos.
Was Ziemons jetzt beweisen muss
Michael Ziemons sonnt sich im Jubel, doch seine Aufgabe beginnt erst. Er muss die Gräben zuschütten, die Sibylle Keupen hinterlassen hat, und verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Seine erste Lektion sollte sein, was seine Vorgängerin teuer bezahlen musste, Politik gegen die Bürger endet unweigerlich im Absturz.
Meine Hoffnung ist, dass ein breites schwarz grünes Bündnis die Ärmel hochkrempelt und endlich die wirklichen Probleme anpackt: bezahlbarer Wohnraum, eine lebendige Innenstadt und eine Verkehrspolitik mit Augenmaß. Oder, um es in meinen eigenen Worten zu sagen, mehr Maastricht wagen. Die Innenstadt braucht neue Impulse, mehr Aufenthaltsqualität, mehr Leben, so wie man es beim Blick nach Maastricht erleben kann.
Ich kenne Michael Ziemons aus meiner Zeit in Brand persönlich und ich traue ihm zu, dass er die Gräben der vergangenen Jahre schließen und die Stadt wieder zusammenführen kann. Er bringt Verwaltungserfahrung, Bodenhaftung und die Fähigkeit zum Ausgleich mit. Genau das braucht Aachen jetzt, eine Stadtspitze, die nicht spaltet, sondern verbindet, die nicht nur verwaltet, sondern gestaltet.
Aachen hat Ziemons das Vertrauen gegeben, nun liegt es an ihm, es einzulösen.